TFM, Gebärmutter-Entfernung, Scheidenverschluss

Moderator: DMF-Team

Kay_2006
Topicstarter
DMF-Mitglied
Beiträge: 78
Registriert: 16.03.06, 13:23

TFM, Gebärmutter-Entfernung, Scheidenverschluss

Beitrag von Kay_2006 »

Sehr geehrter Herr Dr. Fischer, hallo Forum,

Ich wende mich im Namen meiner 40 Jahre alten Schwester (transident) an Sie. Monique geht nach vielen Jahren Leiden ihren Weg der operativen Anpassung. Ich habe sie zum Beratungsgespräch begleitet und werde sie immer unterstützen, auch wenn mir als Mann einiges fremd ist. Sie wünscht eine vaginale Gebärmutter-Entfernung sowie Eierstöcke, lt. Aufklärung muss sie aber einwilligen, dass falls nötig ein Bauchschnitt gemacht wird. Arzt erklärte, da sie nie Mutter wurde, ist es u.U. anatomisch für vaginal zu eng, beurteilen kann man das erst während der OP. Alternativ mit Endoskop, was aber auch Narben bedeutet und sie ablehnt. Schwierig ausserdem, da sie 120kg wiegt. Bekannte Schilddrüsenunterfunktion, Verdacht auf Hasimoto, sie hat aber keine Beschwerden. Abklärung aktuell ebenso Start mit Formuladiät, um bis OP-Termin Mai ca. 85-90kg zu haben. Weiter wird die Scheide verschlossen, Frage ist hier ob ein- oder zweizeitig. In der geplanten Klinik steht kein Urologie-OP-Team gleichzeitig zur Verfügung, deshalb muss Monique 2 Eingriffe einplanen. Können beide Eingriffe kombiniert werden oder ist es wirklich besser, nacheinander zu operieren? Ich weiß nicht, ob das so ist, aber muss das restliche Blut, dass von den Entfernungen im Unterleib ist, nicht über die Scheide abfließen?
Es wäre ganz klasse, wenn Sie unsere Fragen beantworten könnten und uns vielleicht alternative Anlaufstellen nennen könnten. Vielen Dank für Antworten
Kay und Monique
Dr.med.Holger Fischer
DMF-Moderator
Beiträge: 14569
Registriert: 31.01.07, 15:01
Wohnort: 73061 Ebersbach/ Fils

Re: TFM, Gebärmutter-Entfernung, Scheidenverschluss

Beitrag von Dr.med.Holger Fischer »

Guten Tag,
der Grund für eine Hysterektomie ist mir nicht klar, versuche aber dennoch zu antworten. Bei Adipositas ist der vaginale Operationszugang leichter und hinterlässt ja auch keine Bauchnarben. Endoskopisch entstehen nur drei winzige Narben, jeweils 1 cm groß. Ein Urologe wird bei diesem Eingriff natürlich nicht benötigt, auch nicht für de völligen Scheidenverschluß. Ich stamme noch aus einer Generation, wo man noch in seltenen Fällen diese Operation machte ( OP nach Labhardt). Es waren fast immer sehr alte Frauen mit einem Gebärmuttervorfall, denen man eine Operation -also Gebärmutterentfernung- nicht mehr zumuten durfte. Hierbei wird die Scheide bis auf eine kleine Öffnung komplett verschlossen. Bei einer vaginalen Hysterektomie wird für einige Tage eine Scheidentamponade eingelegt, das würde also nicht funktionieren. Man sollte also-wenn überhaupt!!- den Scheidenverschluß in einer zweiten Sitzung durchführen. Ihre Schwester ist ja erst 40 Jahre alt. Ohne zwingenden Grund sollte man ihr nicht die Eierstöcke entfernen.
"Weiter wird die Scheide verschlossen"- meinen Sie das wirklich? Oder verwechseln Sie evtl. etwas und meinen Scheidenraffung, macht man z.B. bei Inkontinenz und/oder starker Senkung der vorderen/hinteren Scheidenwand( Cysto/Rectocele).
Grüße Dr. Fischer
Unter Bezugnahme auf § 7 (3) der Berufsordnung für Ärzte ist mein Beitrag eine Stellungnahme,die auf den vorliegenden Angaben beruht .Sie ersetzt aber nicht die persönliche Beratung, Untersuchung und Behandlung durch Ihren Arzt.
Kay_2006
Topicstarter
DMF-Mitglied
Beiträge: 78
Registriert: 16.03.06, 13:23

Re: TFM, Gebärmutter-Entfernung, Scheidenverschluss

Beitrag von Kay_2006 »

Sehr geehrter Herr Dr. Fischer,

Vielen Dank für Ihre wertvolle Antworten, Monique lässt sich in der angedachten Klinik definitiv nicht operieren. Verzeihen Sie bitte, dass ich nicht klarer formuliert habe. Mit transident meine ich, dass meine Schwester transsexuell und auf dem Weg einer operativen Geschlechtsumwandlung ist, Hormonbehandlung läuft seit geraumer Zeit. Monique liess mich deshalb bereits im Titel TFM schreiben.
Vielleicht können Sie mit diesem Hintergrund noch einmal antworten.
Wegen dem Klitorispenisaufbau muss der Verschluss der Scheide lt. Aller bisherigen Informationen von einem Urologen erfolgen, ihre Harnröhre ist ja deutlich zu kurz und muss verlängert werden. Kann ein Gynäkologe das auch?
Uns beiden ist klar, dass eine Totaloperation bei z.B. Unvorhersehbaren Blutungen notfalls offen fortgesetzt wird, muss sie deshalb im Vorfeld einwilligen oder kann sie diese Passage durchstreichen? Wie häufig treten solche Komplikationen ihrer Erfahrung nach auf? Ist eine offene OP für die Operateure einfacher? Sorgt die Testo-Hormonkur für eine schlechtere Blutstillung oder erhöhte Blutungsneigung? Blute ich als genetischer Mann schneller als eine Frau, frage ich mich gerade. Sorry, eine Unmenge an Fragen, wir nehmen Ihr Engagement sehr in Anspruch, hoffentlich nicht zu sehr, aber es gibt wenig spezialisierte Anlaufstellen und Monique Wohlergehen ist mir wichtig, sie hat sich als wir Kinder waren sehr um mich gekümmert. Wir bedanken uns vielmals für Ihre wertvolle Hilfe.
Kay_2006 und Monique
Dr.med.Holger Fischer
DMF-Moderator
Beiträge: 14569
Registriert: 31.01.07, 15:01
Wohnort: 73061 Ebersbach/ Fils

Re: TFM, Gebärmutter-Entfernung, Scheidenverschluss

Beitrag von Dr.med.Holger Fischer »

Guten Morgen,
jetzt wird mir alles viel deutlicher. Bei einer Gebärmutter/Eierstockentfernung fließt in der Tat noch einige Tage etwas Blut und Sekret ab, ein Verschluß der Scheide ist also nicht möglich und muß zweizeitig erfolgen. Es wird auch nicht der von Gynäkologen früher übliche Verschluß nach Labhardt durchgeführt. Den Teil der urologischen Operation kann ein Gynäkologe nicht durchführen, da muß ein erfahrener Urologe operieren. Sie kann natürlich Passagen im Aufklärungfsbogen streichen,das bedeutet dann, dass sich der Operateur daran halten muß. Stellen Sie sich aber vor, es käme zu einer größeren Gefäßverletzung , die man auf dem vaginalen Weg nicht stillen kann, dann kann der Operateur ja nicht einfach die Schwester verbluten lassen. Er wird also dann auch notfalls mittels Bauchschnitt das Gefäß verschließen müssen. Ich habe hunderte von Hysterektomien durchgeführt und als leitender Oberarzt Assistenten diesbezüglich ausgebildet. Zu Gefäßverletzungen oder Darmverletzungen, die eine Umstellung auf eine abdominale Baucheröffnung erforderten, kam es nach meiner Erinnerung nur in extrem wenigen Fällen. Falls möglich, würde man dann evtl. auch versuchen, laparoskopisch den Schaden zu beheben, das ist aber abhängig von dem Sitz der Verletzung. Verletzen kann man Blutgefäße, Darm, Harnleiter. Im Notfall würde ich als Operateur veränderte Passagen im Aufklärungsbogen ignorieren, wenn ansonsten eine Patientin in großer Gefahr schwebt, evtl. sogar eine Durchführung der Operation ablehnen. Eine offene OP ( abdominale Hysterektomie) war bis in die Zeit etwa 1973-1975 einfacher, erst danach trat die vaginale Hysterektomie erst so richtig ihren Siegeszug an und wenn immer möglich, wird vaginal operiert bzw. von erfahrenen Operateuren seit Jahren zunehmend via Laparoskopie. "Sorgt die Testo-Hormonkur für eine schlechtere Blutstillung oder erhöhte Blutungsneigung? Blute ich als genetischer Mann schneller als eine Frau, frage ich mich gerade."- beides kann man verneinen.
Grüße Dr. Fischer
Unter Bezugnahme auf § 7 (3) der Berufsordnung für Ärzte ist mein Beitrag eine Stellungnahme,die auf den vorliegenden Angaben beruht .Sie ersetzt aber nicht die persönliche Beratung, Untersuchung und Behandlung durch Ihren Arzt.
Antworten Thema auf Facebook veröffentlichen Thema auf Facebook veröffentlichen