schwere COPD

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mbela
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schwere COPD

Beitrag von mbela »

Pat. m., 73 J., schwere COPD, intermittierendes VHF mit Tachyarrhythmien, Heimsauerstoffversorgung.

Bei Eintreffen RD beklagt der Patient mäßige Dyspnoe, er kann nahezu in vollen Sätzen sprechen, auffallend sind ein deutlich verlängertes Expirium mit hörbarem Giemen. Haut warm und trocken, peripherer Puls tachyarrhythmisch, gut tastbar.

Auskultation der Lungen ergibt bds. spastische AG, SpO2 87%, EKG demonstriert eine Schmalkomplextachyarrhythmie mit einer Frequenz um die 145 bpm.

Soweit der erste Eindruck. Mein weiteres denken war, dass der Patient auf etwas Salbutamol vernebelt sich wohl von der Atmung bessern würde und ich den Hausarzt hinzuziehen könnte um den eigentlich austherapierten Mann zu Hause zu lassen, sofern der HA zur Einsatzstelle kommt und das OK gibt. Mit der Frequenz lag er sicher im oberen Bereich der Indikation für Salbutamol, aber meine Erfahrungen damit waren bisher gut.

Nun das aber...

Pat. erhält eine Verneblermaske mit 2,5 mg Salbutamol Fertiginhalationslösung mit Flow 8l. Parallel wird der Blutdruck gemessen (120 mmHg palp.) Nach ca. 40 sec. wechselt der Herzrhythmus, das EKG demonstiert eine regelmässige Schmalkomplextachykardie mit einer Frequenz von 200 bpm, peripherer Puls weiterhin tastbar, Patient gibt an keine Veränderung zu spüren. Umgehend wechseln von Vernebler auf O2-Maske mit Reservoir, Auskultation der Carotiden und Carotismassage (parallel Nachforderung NA). Dies unterbricht die rhythmische Schmalkomplextachykardie immer nur kurzzeitig, nach ca. 5 Min. und einigen weiteren Versuchen der Carotismassage endet sie und der Pat. hat nun wieder eine arrhythmische Schmalkomplextachykardie mit einer Frequenz um die 155 bpm, SpO2 inzwischen 99%.

Kurz vor Eintreffen des NA ca. weiter 8 Min. später konvertiert der Rhythmus in einen Sinusrhythmus mit einer Frequenz von 88 bpm. Der NA schaut mich etwas komisch an als er zur Türe reinkommt und fragt mich mit Stirnrunzeln: "Was gibts?" Mir blieb nur ein: "Hmm, inzwischen eigentlich nix mehr für dich." Pat. ging mit ins KH.

Trotz der COPD hatte der Pat. in der Dauermedikation einen Betablocker. Nun suche ich eine Erklärung für das Geschehene, ich selbst habs mir mal so erklärt, dass die Selbstmedikation mit Betamimetika das VHF auslöste, meine Dreingabe dann eine Reentrytachykardie. Nachdem eine Weile keine Betamimetika mehr ankamen Griff der Betablocker wieder und es kam zum Sinusrhythmus. Eure Meinung?

Grüße

Markus
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Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Moin, moin,
Trotz der COPD hatte der Pat. in der Dauermedikation einen Betablocker. Nun suche ich eine Erklärung für das Geschehene, ich selbst habs mir mal so erklärt, dass die Selbstmedikation mit Betamimetika das VHF auslöste, meine Dreingabe dann eine Reentrytachykardie. Nachdem eine Weile keine Betamimetika mehr ankamen Griff der Betablocker wieder und es kam zum Sinusrhythmus. Eure Meinung?
Könnte sein....
Eine bessere Erklärung hab ich jetzt auch nicht, wobei die Frage wäre, ob der Vernebler so sehr systemisch wirkt ?
Vielleicht war´s auch einfach nur eine spontane Tachycardie.
Möglicherweise war auch die Tachycardie zuerst da und hat via dekompensierter Herzinsuiff. eine Lungenstauung mit asthmaähnlichen Symptomen verursacht.

Gruß
A. Flaccus
Dr. A. Flaccus
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Beitrag von mbela »

Feedback meines ÄFB:

Das Salbutamol sollte nach 40 sec. noch nicht systemisch gewirkt haben, war also wohl eher ein Zufall. Sonst nichts auszusetzten, keine Stellungnahme erforderlich.

Na dann...

Grüße

Markus
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Beitrag von Dr. Ch. Erbschwendtner »

Hallo !

lässt sich aus der Ferne nicht sagen, häufig haben die COPDler ja ihre Dauermedikation ...
Wurde ja nichts angegeben.

Theophyllin ?
Inhalative Betamimetika ?
....

Zusätzlich der Streß mit der Dyspne ....

Und in der Hoffnung es zu bessern, werden die Medis von den Pat. selbst im Anfall immer höher dosiert.
dass die Selbstmedikation mit Betamimetika das VHF auslöste, meine Dreingabe dann eine Reentrytachykardie.
Das geht so nicht, entweder Vorhofflimmern oder Flattern, dann getriggert durch Betamimetika, Streß,.. Abnahme der Blockierung der Überleitung. Spontane Konversion in einen Sinusrhythmus.
Ähnlich erklärbar mit atrialer Tachycardie.
AVNRT nicht ganz verständlich, schnell - mittelschnell - langsam ?

Sind nur ein paar Ideen zu dem interessanten Fall.

liebe Grüße

Erbschwendtner
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Beitrag von mbela »

Nur leider kann ich den Ideen nicht ganz folgen.

Nochmals der EKG-Ablauf des Einsatzes:

- arrhythmische Schmalkomplextachykardie bei VHF ~145 bpm. >> Salbutamol vernebelt
- rhythmische Schmalkomplextachykardie 200 bpm. >> Carotismassage, darauf kurzzeitige Wechsel in arrhythmische Schmalkomplextachykardie, nach 5 min. dauerhaft
- kurz vor Eintreffen NA spontan in Sinusrhythmus konvertiert.

Der Pat. nahm seine Bedarfsmedikation (Berodual) eigentlich als Dauermedikation, vor dem Ruf nach uns deutlich vermehrt. Leider habe ich gerade keinen Zugriff mehr aufs Protokoll, aber seine Dauermedikationsliste war lang und darunter eben auch ein ß-Blocker.

Grüße

Markus
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Dr. Ch. Erbschwendtner
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Beitrag von Dr. Ch. Erbschwendtner »

Hallo !

Jetzt wird die Sache schon etwas klarer.

Bezüglich des Kommentars bezüglich des EKGs, der Wechsel Vorhofflimmern - AVNRT - Vorhofflimmern erscheint mir extrem unwahrscheinlich. Warum ? Durch die multiplen Kreisbahnen, welche das Substrat für eine Flimmerarrhythmie darstellen, eine stabile Kreisbahn für eine AVNRT zu etablieren, gelingt praktisch nicht.

In obiger Interpretation müsste man davon ausgehen, dass das Flimmern spontan in einen Sinusrhythmus konvertierte und zeitgleich eine AVNRT beginnt, sprich der erste Schlag ist ein Sinusrhythmusschlag mit korrekter Überleitung, der dann sofort retrograd wieder übergeleitet wird. Dann kommt der Vagusreiz (CDV) und die AVNRT endet und wieder ganz zufällig beginnt das Flimmern wieder.

Meine Erklärung für die EKGs, natürlich mit der Einschränkung, kein einziges davon gesehen zu haben, ist eine andere. Durch die Betamimetika in Eigenmedikation und durch den Rettungsdienst zusätzlich, kommt es zu einer besseren Überleitung und die Herzfrequenz steigt. Bei 200/min imponiert das Flimmern "pseudo"rhythmisch. Auf den Carotisdruckversuch wird der AV-Knoten gebremst. Die Herzfrequenz sinkt und die Unregelmäßigkeit wird wieder besser erkennbar.

Aber wie gesagt, das ist meine Meinung aus der Ferne.

Liebe Grüße

Erbschwendtner
Dr.Ch. Erbschwendtner
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Beitrag von mbela »

Nun ist es auch mir klarer :)

Bei der Nachbesprechung mit dem NA haben wir dies auch so gesehen, jedoch störte uns die über fast 5 Minuten durchgängige Freuquenz von fast genau 200.

Ich werde mal schauen ob ich noch Zugriff auf die PAtientenakte bekomme und mit den EKGs zum Kardiologen gehen.

Alsbald ich mehr weiß berichte ich.

Grüße
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