Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

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Humungus
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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von Humungus »

Barnie Geröllheimer hat geschrieben:Reizen Sie mich bitte nicht zum Lachen..., ich hab zur Zeit ganz trockene Lippen! :|
Ich auch. Der "Streik" dauerte ganze zwei Tage, passenderweise Donnerstag/Freitag, und in den Sommerferien. Belohnt wurde das mit dem Begriff "Geiselnahme der Patienten". Das sollte man doch gerne mal allen anderen Streikenden vorwerfen, die hätten dann auch schnell trockene Lippen.
- 8-monatige Termine anbieten, wogegen der Privatpatient morgen abend einen Termin bekommen kann.
Niemand kann einem Arzt verbieten außerhalb der Kassensprechzeiten Privatpatienten zu behandeln. Kein Arzt ist gezwungen Kassensprechstunden über das vereinbarte Maß anzubieten. Noch dazu werden Kassenärzte budgetiert, um eine "übermäßige Ausweitung kassenärztlicher Tätigkeit" zu sanktionieren.

Wie immer Barnie: rudert, Ihr Sklaven! Und erwartet doch nicht, auch noch dafür bezahlt zu werden! Fehlt nur noch das mit dem Ethos.
Viele Ihrer Kollegen wollen auch für ein gutes Fixgehalt nicht aufs Land.
Wenns ums Geld geht: für das gleiche "Fixgehalt" wird man wahrscheinlich auch im Krankenhaus seiner Wahl arbeiten dürfen, ganz ohne unternehmerisches Risiko. Und vom Geld weg: Landtätigkeit ohne Zukunftsperspektive: wer will sich das antun? Eine Praxis in Meck-Pomm anschaffen, und gleichzeitig fürchten müssen, dass man in 5 Jahren im MVZ sitzt? Haus, Frau, Kinder - alles dann wieder retour?

Es geht eben nicht nur ums Geld. Es geht um die Zukunft und um die Art zu arbeiten. Fragen Sie doch mal einen Krankenhausarzt, wann ihn zuletzt nachts um 2 ein Patient mit Bauchschmerzen anrief (oder wie bei mir, auch mal am Wochenende einfach an der Tür klingelt, weil er "was im Auge hat"). Was sagt der Krankenhausarzt zu Diensten ohne Freizeitausgleich, zu Zwangsfortbildung auf eigene Tasche, natürlich in der Freizeit? Wann kriegt ein Krankenhausarzt mal einen Regress, weil er zu viel Medikamente oder Massagen verordnet hat? Und der Krankenhausarzt muss auch nicht jedes Jahr vier- bis fünfstellige Summen für ein QM-System hinlegen, das völlig untauglich ist, oder auch eine EDV aufrechterhalten.

Die jungen Ärzte sind nicht dumm, und Idealismus macht beruflich-existentielle Frustration nicht wett.
...wer heute neu als Arzt startet, hat doch eigentlich alle Möglichkeiten, als Arzt am Patienten zu arbeiten und trotzdem dem ganzen GKV-Dilemma aus dem Wege zu gehen.
Ja, als Angestellter. Oder ist Ihnen das aktuelle Drama um die GOÄ entgangen? Das Schlupfloch Privatmedizin ist bald gestopft. Dann kann man nur noch Heilpraktiker werden, wenn man mit den Kassen nichts zu tun haben will. Ach ja: Schamane geht auch noch.
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Ja nochmal: der aktuelle Zustand ist nicht über uns gekommen

Beitrag von PR »

sondern mit Bedacht, List und Tücke und gesetzlicher Gewalt über uns gebracht worden.

Das gesetzliche Werkzeug dazu heisst Sozialgesetzbuch fünf. Es ist ein Sondergesetz, das Grundrechte uneinklagbar außer Kraft setzt, und was innerhalb seines Geltungsbereichs gerichtlich zu klären ist, wird von Sondergerichten geklärt. (Nee, ich mach desweng jetz nich rieber, Doc Alf !)

Dieses Werkzeug ist so wirksam, dass selbst ausgelernte Augenoptikermeister überzeugt sind, es gehe um den Verlust der "Solidarität", sobald ein Kranker oder Gesunder eine Arztrechnung zu sehen kriegt.

Muss mal wieder kolportieren, was nach Gerd des Großen Zeiten auf einem der legendären gesundheizpolitischen Kongresse der Friedrich Ebert Stiftung ein ausgeschlafener junger Krankenpfleger sagte: ich hab den Eindruck, wir kriegen hier von unserer SPD mit skandinavischer Lyrik US-amerikanische Verhältnisse übergebraten. Wer genauer wissen will, was das bedeutet, möge "Kaiser Permanente" und "Ulla Schmidt" guhgeln.

Das zieht sich durch bis in den gültigen Qualizionsvertrag, und der wird von Grobi Gröhl jetzt halt abgearbeitet, was will man von einem Verwaltungsjuristen denn an Sachverstand erwarten...

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Christianes Herz
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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von Christianes Herz »

PR hat geschrieben:Das zieht sich durch bis in den gültigen Qualizionsvertrag, ...
Aber in dem gültigen Koalitionsvertrag steht auch etwas von einem "Masterplan Medizinstudium 2020“, der „Maßnahmen für eine zielgerichtete Auswahl der Studienplatzbewerber, zur Förderung der Praxisnähe und zur Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium festlegen soll. Eine entsprechende Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll bis Mitte 2016 ein Reformkonzept für das Medizinstudium vorlegen.

Kurz besprochen hier:
http://www.mft-online.de/presse-standpu ... ommt-es-an
Hierin wird schon einmal deutlich, dass nicht das Studium (so gezielt die Studierwilligen auch ausgewählt werden) das Verteilungsproblem landauf landab lösen kann, sondern allein die Steigerung der „Attraktivität“ des Berufes.
Deutlicher kann man es kaum ausdrücken, dass man auch für Patienten auf dem Land und auch mit bester Absicht nicht von Luft und Liebe alleine leben kann und eben Geld in die Hand genommen werden muss. Nur, wie beispielsweise auch die Arbeitsweisen bzgl. GOÖ gezeigt haben, ist, dass ungern im Ganzen mehr Geld ver-, sondern lediglich umverteilt wird.

2 Stellungnahmen zum Masterplan:
http://www.hartmannbund.de/fileadmin/us ... gnahme.pdf
http://www.bundesaerztekammer.de/filead ... tudium.pdf

Grüße
Christiane
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Gut gemachte Tarnung

Beitrag von PR »

planwirtschaftlicher Hilflosigkeit, dieser "Master"-Plan.

Nochmal: der empathische ausschließlich dem individuellen Patienten und seinen Bedürfnissen verpflichtete Arzt ist längst aus der Zeit gefallen. Die Gesundheizpolitiker der letzten 2o Jahre haben ihn erfolgreich wegregiert

Gebraucht wird d/ie/r im Auftrag ihr/sein/es Arbeitgebers handelnde Gesundheiztechnolog/in/e.

Diesen Fortschritt verdanken wir den gesundheizpolitischen Exponenten einer Partei, die sich sozial und demokratisch plakatiert.

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dora
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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von dora »

Es geht eben nicht nur ums Geld. Es geht um die Zukunft und um die Art zu arbeiten. Fragen Sie doch mal einen Krankenhausarzt, wann ihn zuletzt nachts um 2 ein Patient mit Bauchschmerzen anrief (oder wie bei mir, auch mal am Wochenende einfach an der Tür klingelt, weil er "was im Auge hat"). Was sagt der Krankenhausarzt zu Diensten ohne Freizeitausgleich, zu Zwangsfortbildung auf eigene Tasche, natürlich in der Freizeit? Wann kriegt ein Krankenhausarzt mal einen Regress, weil er zu viel Medikamente oder Massagen verordnet hat? Und der Krankenhausarzt muss auch nicht jedes Jahr vier- bis fünfstellige Summen für ein QM-System hinlegen, das völlig untauglich ist, oder auch eine EDV aufrechterhalten.
und eine Anstellung im KH schein den Ärzten nun auch wieder nicht genehm, oder wesewegen muss man sich mit äusländischen Ärzten immer mehr behelfen ?

Egal ob selbständig oder im KH, nicht ist recht :shock:

Wunschkonzert gibts halt net, in keinem Beruf.
Humungus
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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von Humungus »

dora hat geschrieben:und eine Anstellung im KH schein den Ärzten nun auch wieder nicht genehm, oder wesewegen muss man sich mit äusländischen Ärzten immer mehr behelfen ?
Ihr NC ist 1,0, bzw. Sie müssen sich darauf einstellen für "Ihren" Studienplatz 4 Jahre zu warten. Sie sind also entweder Top-Abiturient oder extrem zäh. Bei beidem hilft selten Ar...kriecherei, sondern man muss erheblich mehr leisten als der Durchschnitt.

Und als Lohn dafür sitzen Sie als Angestellter in einem Krankenhaus und müssen sich mit all den Widrigkeiten herumschlagen, die heutiges Arztsein mit sich bringt. Unter anderem einem Chef, der bei den Operationen und den Patientenentlassungen aufs Gaspedal drückt. Mit einem Verwaltungsdirektor, den nur noch Zahlen interessieren. Mit Patienten, die nachts die Ambulanz bevölkern, weil der Furz quersitzt oder man "beim Niedergelassenen so lange warten muss, da geh ich doch lieber in die Notfallambulanz" (eine Bekannte ist Chirurgin, die erzählt gelegentlich aus dem Nähkästchen). Mit überbordender Bürokratie. Mit einer Einkaufsabteilung, die sich bei Neuanschaffungen querstellt.

Ja, wer tut sich das denn als Top-Leister an, wenn es auch anderes gibt? Das ist auch einer der Gründe, warum die Medizin verweiblicht: die Männer haben längst gedanklich umgesattelt.
Egal ob selbständig oder im KH, nicht ist recht :shock:
Nö, ist es auch nicht. So nicht. Sch..., wenn der Vogel den Wurm nicht schluckt, weil er ihm zu mager ist, nicht? Gibt eben andere Jobs für Abiturienten, die Medizin studieren könnten. Oder es studiert haben und lieber nicht die Klinik genießen wollen.
Wunschkonzert gibts halt net, in keinem Beruf.
Totschlagsargument. Na, dann muss die SEPD nicht nur die Gewerkschaftsfreiheit schleifen, sondern auch die Freiheit der Berufswahl. Verfassung ist doch auch nur etwas auf Papier, hm?

Übrigens:
http://www.t-online.de/regionales/id_76 ... iegen.html
Die Zahl der Approbationen für ausländische Ärzte ist seit 2011 in Niedersachsen deutlich gestiegen. Damals wurden 298 staatliche Zulassungen erteilte, 2015 waren es bereits 484, ...
Na, das wird den Ärztemangel bestimmt beheben. 190 Ärzte pro Jahr mehr aus dem Ausland in NS. Sensationell. Da braucht man sich doch gar keine Sorgen mehr zu machen...ach, in Niedersachsen sind alleine über 12.000 Ärzte niedergelassen? Von den 15.000 Ärzten im Krankenhaus ganz zu schweigen? So sieht es aus, wenn man Zahlen in eine Relation bringt. Wer meint, ausländische Ärzte würden das Problem lösen, hat Illusionen.
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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von dora »

Und als Lohn dafür sitzen Sie als Angestellter in einem Krankenhaus und müssen sich mit all den Widrigkeiten herumschlagen, die heutiges Arztsein mit sich bringt. Unter anderem einem Chef, der bei den Operationen und den Patientenentlassungen aufs Gaspedal drückt. Mit einem Verwaltungsdirektor, den nur noch Zahlen interessieren. Mit Patienten, die nachts die Ambulanz bevölkern, weil der Furz quersitzt oder man "beim Niedergelassenen so lange warten muss, da geh ich doch lieber in die Notfallambulanz
sie waren es doch der schrieb dass er dann lieber ins KH geht, sicheres Gehalt, Urlaub, keine Probleme mehr mit der KK und nun muss ich von Ihnen sowas lesen.
Sie wissen nicht was sie wollen ?

In jedem Beruf, egal wo ist es wohl so dass es immer was gibt was einem gefällt und halt was net.
Damit müssen wir wohl alle leben, egal ob nun studiert oder net.
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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von Humungus »

dora hat geschrieben:Sie wissen nicht was sie wollen ?
Doch, weiß ich. Und meine Nachfolgegeneration auch.
In jedem Beruf, egal wo ist es wohl so dass es immer was gibt was einem gefällt und halt was net.
Damit müssen wir wohl alle leben, egal ob nun studiert oder net.
Ham Se noch was anderes als Totschlagargumente?
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sie waren es doch der schrieb...

Beitrag von PR »

Nö, dora dorata, das war ich. Halt ich auch nach wie vor für richtig.

Frage an den Volkswirt: was macht es mit den kranken Kassen, und was macht es mit der ärztlichen "Versorgung", wenn unser ärztlicher Nachwuchs betriebswirtschaftlich korrekt denkend die "Niederlassung" als wirtschaftlich Selbständige zunehmend meidet ?

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Re: sie waren es doch der schrieb...

Beitrag von FJM »

PR hat geschrieben:was macht es mit den kranken Kassen, und was macht es mit der ärztlichen "Versorgung", wenn unser ärztlicher Nachwuchs betriebswirtschaftlich korrekt denkend die "Niederlassung" als wirtschaftlich Selbständige zunehmend meidet ?
Wenn in einer Planwirtschaft das Planziel nicht erreicht wird, wird der Planungsaufwand erhöht. Mit anderen Worten: je schlechter die ärztliche Versorgung wird, desto mehr Ressourcen werden in die Planung investiert.

Wie in allen anderen Bereich gilt auch im Gesundheitswesen:
Angestellte sind weniger produktiv als Selbstständige. Um ein bestimmtes Niveau zu halten, muss man 25 Prozent mehr Ressourcen investieren. Oder man senkt das Niveau kompensatorisch ab.

Vermutlich wird es eine Mischung aus beidem geben, niedrigere Qualität bei höheren Kosten.

Runtergebrochen auf den einzelnen Patienten bedeutet es u. a., dass man nicht "seinen" Arzt haben wird sondern einen Arzt.

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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von dora »

Zitat:
In jedem Beruf, egal wo ist es wohl so dass es immer was gibt was einem gefällt und halt was net.
Damit müssen wir wohl alle leben, egal ob nun studiert oder net.

Ham Se noch was anderes als Totschlagargumente?
das sind ktatsachen und keine Totschlagargumente, es passt Ihnen nur nicht.
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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von Barnie Geröllheimer »

FJM hat geschrieben: Vermutlich wird es eine Mischung aus beidem geben, niedrigere Qualität bei höheren Kosten.
Runtergebrochen auf den einzelnen Patienten bedeutet es u. a., dass man nicht "seinen" Arzt haben wird sondern einen Arzt.
Ich glaube, um das zu realisieren muss man weder Arzt noch Volkswirt sein. Wer sich heute in eine Notaufnahme, einen Bereitschaftsarzt oder an die Terminvergabestelle wenden oder einen dieser "fleißigen" Ärzte mit 1500 Scheinen/Quartal aufsuchen muss, weil kein anderer in der Nähe ist, hat auch längst EINEN Arzt und nicht SEINEN Arzt.

Was ich mich schon dauernd frage..: Woher nimmt ein Volkswirt den Optimismus zu glauben, dass bei stagnierenden Realeinkommen und Renten, bei absehbar drastisch einbrechenden sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen (Stichwort "Industrie 4.0"), die Bürger zukünftig in der Lage sein werden, "seine" Ärzte "angemessen" zu bezahlen?
Und dies mal ganz unbelastet der Tatsache, dass jeder Cent, der zusätzlich in das Gesundheitswesen fließen KÖNNTE, von der Pharmaindustrie abgeschöpft würde, so dass letztendlich auch die höchsten Beiträge zur GKV nicht oder nur als "Nasenwässerle" beim behandelnden Arzt ankämen.

Wenn es gar zu dicke kommt, wird das Volk mit den Füßen abstimmen! Da hilft dann auch weder öffentlich-rechtlicher Status noch die Ausrede einer ärztlichen Selbstverwaltung. Wer Studienplätze knapp hält, wer ein Angebot künstlich soweit verknappt, dass in Hinterdunkelhausen die Leute "draufgehen", weil man es nicht mehr rechtzeitig zum Arzt schaffen kann, wird zur Rechenschaft gezogen werden.

Ich wiederhole mich: Ganz sicher werden manche Ärzte nicht ausreichend bezahlt. Da sind wir durchaus einer Meinung. Aber fest steht auch, dass viele Bürger längst am Ende der Fahnenstange angekommen sind, was ihre finanziellen Möglichkeiten angeht, immer noch mehr in den Solidartopf einzubezahlen.

Ich sitze hier als Leistungserbringer der GKV direkt an der Front und das nun seit 1973 und es lässt sich wunderbar beobachten, wie aus der Denke "Für meine Augen nur das Beste" zunehmend "Das tut´s für meine Zwecke schon" wird.
Die Entwicklung, die sich mit der Budgetierung auch privat versicherter Leistungen nun für Ärzte anbahnt, kennen wir schon längst. Sie wird unweigerlich zu einem Verfall der Qualität führen, denn jeder wird versuchen, schwindende Umsätze durch geringe Selbstkosten zu kompensieren.

Mit dem Griff in die Tasche der Bürger ist niemandem gedient. Es muss endlich eine Einheitskasse her, es müssen natürliche wie juristische Personen in die Kasse einzahlen und es muss endlich dafür gesorgt werden, dass die Pharmaindustrie nicht jede "Reform" im Gesundheitswesen ad absurdum führen kann, indem sie jeden möglichen Cent mit Pseudoinnovationen und "Evergreening" abschöpft.
Ich glaube, manchmal gibt es im Leben nicht genug Steine
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Beitrag von PR »

Irgendwie ulkig, die Vorstellung: ja klar können Firmen mal krank werden. Sollen sie doch auch kranken Kassenbeitrag zahlen !

Ansonsten beschreiben Sie sowas wie ne zweckgebundene Steuer. Sowas hats ja immer mal gegeben zu angeblichen Notzeiten, das Problem war aber wohl jedesmal dass man es nie wieder aus der Welt geschafft hat, wenn die Zeiten wieder besser wurden.

In einem Punkt kann ich Ihre Argumentation überhaupt nicht verstehen. Woher stammt denn Ihr Optimismus, dass etwas mit 100 % der Bevölkerung klappen soll, was mit 95 % nicht nachhaltig klappt ?

Und schließlich: wie, glauben Sie, fährt der Staat mit seinen Beamten besser ?
1. mit Erstattungsprinzip, (hälftiger) Beihilfe im Krankheitsfall, und den Rest muss aus jeder aus (versteuertem) Einkommen (kapitalgedeckt) versichern
oder 2. mit Sachleistungsprinzip und Einzahlung in (umlagegedeckte) kranke Kasse, aus der alle im Volk bedient werden müssen ?
Was glauben Sie, wird demnach der Staat machen, alle seine Beamten in die kranke Kasse stecken, auch die oberen Chargen ?

Das Einzige, was ich Ihrer Forderung nach Einheizkasse abgewinnen kann ist, dass man dazu erheblich weniger Sesselbenutzer bräuchte als bisher. Aber dem steht ja schon deren Lobby im Bundestag entgegen. Wie nochmal hieß die SPD-Tante, die das auch mal in aller Unschuld so gesagt hat ?

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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von FJM »

Barnie Geröllheimer hat geschrieben:Woher nimmt ein Volkswirt den Optimismus zu glauben, dass bei stagnierenden Realeinkommen und Renten, bei absehbar drastisch einbrechenden sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen (Stichwort "Industrie 4.0"), die Bürger zukünftig in der Lage sein werden, "seine" Ärzte "angemessen" zu bezahlen.
Wenn ein Bäcker 50 Ct fürs Brötchen haben will, weil er unterhalb dieses Preises nicht verkaufen kann, ohne Pleite zu gehen, dann zahlen Sie als Kunde entweder 50Ct oder es gibt keine Brötchen.

Wenn man Ärzte nicht angemessen bezahlt, gibt es keine Ärzte und ohne Ärzte keine Behandlung. Auf lange Sicht wird es ärztliche Behandlung nur geben, wenn man dafür angemessen bezahlt.
Barnie Geröllheimer hat geschrieben:Mit dem Griff in die Tasche der Bürger ist niemandem gedient. Es muss endlich eine Einheitskasse her, es müssen natürliche wie juristische Personen in die Kasse einzahlen und es muss endlich dafür gesorgt werden, dass die Pharmaindustrie nicht jede "Reform" im Gesundheitswesen ad absurdum führen kann, indem sie jeden möglichen Cent mit Pseudoinnovationen und "Evergreening" abschöpft.
Über die Art der Versicherung befindet die Politik. Derzeite PKV und GKV, künftig möglicherweise Einheitskasse. Das ist ein eigener Themenkomplex.

Völlig losgelöst davon ist die Frage zu beantworten, ob man Ärzte angemessen bezahlt oder nicht. Ist die Bezahlung unzureichend, geht das Angebot zurück.

Franz-Josef Müller, Volkswirt
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Barnie Geröllheimer
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Re: Stirbt der selbstständig niedergelassene Arzt aus?

Beitrag von Barnie Geröllheimer »

Wenn man Ärzte nicht angemessen bezahlt, gibt es keine Ärzte und ohne Ärzte keine Behandlung. Auf lange Sicht wird es ärztliche Behandlung nur geben, wenn man dafür angemessen bezahlt.
Herr Müller, nehmen Sie mir ' s bitte nicht übel, aber das ist doch mehr als trivial!

Sie können mit einem solchen Satz weder eine Diskussion anregen, noch damit argumentieren.

Den Begriff "Ärzte" können Sie in Ihrem Satz beliebig ersetzen...:

Wenn man Schausteller nicht angemessen bezahlt, gibt es keine Schausteller und ohne Schausteller keine Gaudi. Auf lange Sicht wird es den Rummel nur noch geben, wenn man dafür angemessen bezahlt.
Im Gegensatz zu Brötchen und einer Fahrt mit dem Kettenkarussell haben aber auch mittellose, kranke Menschen einen Rechtsanspruch auf Gesundheit bzw. Beschwerdefreiheit oder wie immer man das bezeichnen mag.

Insofern verbieten sich solche hanebüchenen Vergleiche von vornherein.

@PR

Firmen können freilich nicht krank werden, aber krank machen. Die Beitragspflicht für juristische Personen soll dem Umstand Rechnung tragen, dass unzureichende Bedingungen am Arbeitsplatz krank machen können. Ein entsprechender Schlüssel zur Beitragsfindung könnte z.B. die Risiko-Einstufung der Berufsgenossenschaften sein.
Wer sein Personal nicht "verheizt", zahlt wenig, wer ungesunde Arbeitsbedingungen schafft, muss blechen.
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