Dieses Forum ist für alle, die sich mit dem Thema Alkohol befassen wollen.
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Alida Prahm[/list][/code]
Ich stelle mich vor
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Zuletzt geändert von Alida Prahm am 07.01.06, 13:53, insgesamt 4-mal geändert.
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Alida Prahm - Suchtgefährdetenhelferin
Ich fing mit 14 Jahren an zu trinken, weil ich immer auf der Suche nach Liebe war. Der Liebe meines Vaters. Ich bekam sie nie so, wie ich es mir wünschte und vorstellte. Meine Eltern ließen sich scheiden. Ich blieb bei meinem Vater. Mit 16 Jahren wurde ich von einem Mann vergewaltigt, den ich sehr geliebt hatte. Dennoch trennte ich mich von ihm, weil er mich demütigte und ausnutzte. Von da ab fing ich an, die Männer auszunutzen. Ich manipulierte sie und ließ sie fallen, wenn sie anfingen, mich zu mögen. Unter Alkoholeinfluss zeigte sich meine „schwarze Seite“, und ich ließ sie auf ihre Kosten kommen.
Mein Verhalten den Männern gegenüber änderte sich, als ich meinen ersten Mann kennen lernte. Er lebte getrennt und hatte seine beiden kleinen Kinder vom Jugendamt zugesprochen bekommen. Wir zogen zusammen und heirateten. Hatte sich die Trinkerei bislang einigermaßen in Grenzen gehalten, so war das von dem Moment an vorbei. Mein Mann ließ mich mit allen Problemen allein. Die Kinder litten unter der Trennung ihrer Mutter und durften sie nicht sehen. Sie erkrankten seelisch. Der Junge kotete 8 Jahre lang ein, die Tochter fing an zu stehlen. Es baute sich Angst und Hass in unserer Familie auf. Die Laufereien mit den Kindern zum Therapeuten, die Gespräche mit den Lehrern in der Schule, die Schularbeiten, der Haushalt, der Garten auf dem Campingplatz: Die Belastung wurde zu hoch. Ich war ihr nicht gewachsen. Zudem arbeitete ich ja noch in Vollzeit, war fast jeden Tag 12 Stunden unterwegs.
Ich war dermaßen unter Druck, dass ich anfing, bei jeder Kleinigkeit auszurasten und die Kinder zu schlagen. Mir wird jetzt noch schlimm ums Herz, wenn ich daran zurückdenke. Dabei hatte der Junge mich geliebt und Mutti genannt. Und grade ihn traf es am meisten. Ist es nicht so, dass "man" immer den am meisten wehtut, die man liebt und die uns lieben?
Mein tägliches Pensum: 1 Flasche Schnaps und ein paar Biere. Ich fing morgens auf dem S-Bahnhof schon mit einem Flachmann an Ich hatte selbstverständlich auch immer mehrere in meiner Tasche, weil ich einen gewissen Alkoholpegel brauchte. Kam ich abends heim, hatte ich meistens schon einen halben Liter weg. Überall hatte ich Reserven versteckt. Anfangs suchte mein Mann sie noch. Dann ließ er es sein. Im Grunde genommen war das ein völlig richtiges Verhalten. Denn er konnte mich ja doch nicht vom Trinken abhalten und außerdem schützte er sich so vor dem Beginn einer Co-Abhängigkeit.
Und ich arbeitete noch immer. Heute wundert es mich, dass die Firma das so lange mitgemacht hatte. Sie setzten mich allein in einen kleinen Raum und dort konnte ich in Ruhe „arbeiten“ bzw. "saufen". Es hielt ja auch keiner mehr neben mir aus. Ich roch nach Alkohol, sah verquollen und versoffen aus.
Es kam, wie es kommen musste: Mein Mann schmiss mich raus. Ich suchte mir eine kleine Wohnung in Wedel Schleswig-Holstein, war endlich allein und konnte trinken, wie es mir passte. Aber seltsamerweise war das für mich kein Triumph. Dann entließ mich meine Firma. Ich brach zusammen. Mein persönlicher Tiefpunkt war erreicht.
Ich werde nie vergessen, wie ich mit dem Taufen aufhörte. Es war ganz kurz vor Ostern. Wegen der Feiertage hatte ich mich mit Stoff bis zum Abwinken eingedeckt. Am Ostersamstag gegen Nachmittag stand ich aus dem Sessel auf, holte eine Flasche nach der anderen hervor und starrte sie wie hypnotisiert an. Über zwei Stunden saß ich so. Dann machte ich die Flaschen auf, goss den Inhalt in das Spülbecken. Eine nach der anderen glaubte daran. Und ich hatte zwischendurch an keiner genuckelt.
Der Entzug war "erste Sahne". Mein Körper zitterte unkontrolliert. Mir wurde kalt, mir wurde heiß, mir lief der Schweiß, ich musste mich übergeben – es war doch gar nichts im Magen -. Die eintrainierte Gier nach Alkohol schlug zu. Ich lief in meiner Wohnung herum, immer im Kreis, immer wieder, immer wieder. Ich bewegte mich, um nicht denken und fühlen zu müssen. Ich machte meine Wohnung sauber. Und noch mal. Und noch mal. Ich legte mich ins Bett. Ich schoss wieder hoch, weil ich plötzliche Atembeschwerden im Liegen bekam. Ich klapperte mich über 48 Stunden ohne eine Minute Ruhe durch den Entzug. Durch den "körperlichen".
Ich hatte Angst: einkaufen zu gehen und an den Schnapsflaschen vorbei zu müssen.
Ich hatte Angst: vor den Menschen aus meiner Nachbarschaft und ihren Blicken.
Ich hatte Angst: vor der fremden Umgebung.
Ich hatte Angst: denn ich war außerdem auch noch schwanger.
Ich ließ das Kind abtreiben. Ich war zu instabil für so ein kleines Wesen, ohne Arbeit, ohne Geld, grade runter vom Schnaps.
1966 fing ich mit dem trinken an. 1988 hörte ich damit auf.
Ich begann, an meiner seelischen Trockenheit zu arbeiten. Ich bekam eine Sekretärinnenstelle in einem Abstinenzverein. Dort hatte ich ständig mit Alkoholikern zu tun. Konnte dadurch also an mir arbeiten. Dann machte ich einen Suchthelferlehrgang und einen Gruppenleiterlehrgang. Ich leitete eine SHG und veranstaltete eigene Seminare. Unter anderem befasste ich mich mit dem Thema „Sucht und Sexualität“. Und ich war bei Pastor Fliege in den Bavariastudios mit meiner Alkoholikerlaufbahn. Ich war Alleinredakteurin bei der Vereinszeitung.
All das hat mir geholfen, diese vielen Jahre aufzuarbeiten. Aber so ganz raus bin ich noch nicht. Als ich 1 ½ Jahre lang Mobbing durchlitten hatte auf einer neuen Arbeitsstelle, kam ich dann in eine Therapie. Außerdem hatte ich eine latente Fresssucht entwickelt. Das ist nichts Neues. Vom Suchtwechsel hört man immer wieder. Aber auch mit dieser Sucht bin ich klar gekommen.
Heute kann ich sagen: Ich bin suchtfrei.
Das liegt daran, dass ich einen gesunden Egoismus entwickelt habe. Dieser hat mein Selbstwertgefühl aufgebaut. Dieses wiederum ein gesundes Selbstbewusstsein. Und ich achte darauf, dass ich mich nicht unnütz in Situationen begebe, die mir letztendlich nur wehtun könnten. Ich nehme mich einfach wichtig.
Danke für Euer Vertrauen.
Alida
Mein Verhalten den Männern gegenüber änderte sich, als ich meinen ersten Mann kennen lernte. Er lebte getrennt und hatte seine beiden kleinen Kinder vom Jugendamt zugesprochen bekommen. Wir zogen zusammen und heirateten. Hatte sich die Trinkerei bislang einigermaßen in Grenzen gehalten, so war das von dem Moment an vorbei. Mein Mann ließ mich mit allen Problemen allein. Die Kinder litten unter der Trennung ihrer Mutter und durften sie nicht sehen. Sie erkrankten seelisch. Der Junge kotete 8 Jahre lang ein, die Tochter fing an zu stehlen. Es baute sich Angst und Hass in unserer Familie auf. Die Laufereien mit den Kindern zum Therapeuten, die Gespräche mit den Lehrern in der Schule, die Schularbeiten, der Haushalt, der Garten auf dem Campingplatz: Die Belastung wurde zu hoch. Ich war ihr nicht gewachsen. Zudem arbeitete ich ja noch in Vollzeit, war fast jeden Tag 12 Stunden unterwegs.
Ich war dermaßen unter Druck, dass ich anfing, bei jeder Kleinigkeit auszurasten und die Kinder zu schlagen. Mir wird jetzt noch schlimm ums Herz, wenn ich daran zurückdenke. Dabei hatte der Junge mich geliebt und Mutti genannt. Und grade ihn traf es am meisten. Ist es nicht so, dass "man" immer den am meisten wehtut, die man liebt und die uns lieben?
Mein tägliches Pensum: 1 Flasche Schnaps und ein paar Biere. Ich fing morgens auf dem S-Bahnhof schon mit einem Flachmann an Ich hatte selbstverständlich auch immer mehrere in meiner Tasche, weil ich einen gewissen Alkoholpegel brauchte. Kam ich abends heim, hatte ich meistens schon einen halben Liter weg. Überall hatte ich Reserven versteckt. Anfangs suchte mein Mann sie noch. Dann ließ er es sein. Im Grunde genommen war das ein völlig richtiges Verhalten. Denn er konnte mich ja doch nicht vom Trinken abhalten und außerdem schützte er sich so vor dem Beginn einer Co-Abhängigkeit.
Und ich arbeitete noch immer. Heute wundert es mich, dass die Firma das so lange mitgemacht hatte. Sie setzten mich allein in einen kleinen Raum und dort konnte ich in Ruhe „arbeiten“ bzw. "saufen". Es hielt ja auch keiner mehr neben mir aus. Ich roch nach Alkohol, sah verquollen und versoffen aus.
Es kam, wie es kommen musste: Mein Mann schmiss mich raus. Ich suchte mir eine kleine Wohnung in Wedel Schleswig-Holstein, war endlich allein und konnte trinken, wie es mir passte. Aber seltsamerweise war das für mich kein Triumph. Dann entließ mich meine Firma. Ich brach zusammen. Mein persönlicher Tiefpunkt war erreicht.
Ich werde nie vergessen, wie ich mit dem Taufen aufhörte. Es war ganz kurz vor Ostern. Wegen der Feiertage hatte ich mich mit Stoff bis zum Abwinken eingedeckt. Am Ostersamstag gegen Nachmittag stand ich aus dem Sessel auf, holte eine Flasche nach der anderen hervor und starrte sie wie hypnotisiert an. Über zwei Stunden saß ich so. Dann machte ich die Flaschen auf, goss den Inhalt in das Spülbecken. Eine nach der anderen glaubte daran. Und ich hatte zwischendurch an keiner genuckelt.
Der Entzug war "erste Sahne". Mein Körper zitterte unkontrolliert. Mir wurde kalt, mir wurde heiß, mir lief der Schweiß, ich musste mich übergeben – es war doch gar nichts im Magen -. Die eintrainierte Gier nach Alkohol schlug zu. Ich lief in meiner Wohnung herum, immer im Kreis, immer wieder, immer wieder. Ich bewegte mich, um nicht denken und fühlen zu müssen. Ich machte meine Wohnung sauber. Und noch mal. Und noch mal. Ich legte mich ins Bett. Ich schoss wieder hoch, weil ich plötzliche Atembeschwerden im Liegen bekam. Ich klapperte mich über 48 Stunden ohne eine Minute Ruhe durch den Entzug. Durch den "körperlichen".
Ich hatte Angst: einkaufen zu gehen und an den Schnapsflaschen vorbei zu müssen.
Ich hatte Angst: vor den Menschen aus meiner Nachbarschaft und ihren Blicken.
Ich hatte Angst: vor der fremden Umgebung.
Ich hatte Angst: denn ich war außerdem auch noch schwanger.
Ich ließ das Kind abtreiben. Ich war zu instabil für so ein kleines Wesen, ohne Arbeit, ohne Geld, grade runter vom Schnaps.
1966 fing ich mit dem trinken an. 1988 hörte ich damit auf.
Ich begann, an meiner seelischen Trockenheit zu arbeiten. Ich bekam eine Sekretärinnenstelle in einem Abstinenzverein. Dort hatte ich ständig mit Alkoholikern zu tun. Konnte dadurch also an mir arbeiten. Dann machte ich einen Suchthelferlehrgang und einen Gruppenleiterlehrgang. Ich leitete eine SHG und veranstaltete eigene Seminare. Unter anderem befasste ich mich mit dem Thema „Sucht und Sexualität“. Und ich war bei Pastor Fliege in den Bavariastudios mit meiner Alkoholikerlaufbahn. Ich war Alleinredakteurin bei der Vereinszeitung.
All das hat mir geholfen, diese vielen Jahre aufzuarbeiten. Aber so ganz raus bin ich noch nicht. Als ich 1 ½ Jahre lang Mobbing durchlitten hatte auf einer neuen Arbeitsstelle, kam ich dann in eine Therapie. Außerdem hatte ich eine latente Fresssucht entwickelt. Das ist nichts Neues. Vom Suchtwechsel hört man immer wieder. Aber auch mit dieser Sucht bin ich klar gekommen.
Heute kann ich sagen: Ich bin suchtfrei.
Das liegt daran, dass ich einen gesunden Egoismus entwickelt habe. Dieser hat mein Selbstwertgefühl aufgebaut. Dieses wiederum ein gesundes Selbstbewusstsein. Und ich achte darauf, dass ich mich nicht unnütz in Situationen begebe, die mir letztendlich nur wehtun könnten. Ich nehme mich einfach wichtig.
Danke für Euer Vertrauen.
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