Gestiegene Arztzahlen allüberall

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Gestiegene Arztzahlen allüberall

Beitrag von PR »

Eine Ärztekammer nach der andern jubelt: schon wieder...

Liest man nach der Schlagzeile weiter, wird klar: es handelt sich um "Arztköpfe", Frauen und Ausländer.

Nu hab ich ja gegen alle dreie nix, schließlich haben einige meiner besten Freunde einen "Arztkopf" oder sind Frauen oder Ausländer.

Und doch scheint es mittlerweil an allen Ecken und Enden der Bunzreblik an ärztlicher Arbeitskraft zu mangeln.

Woran liegt's ?

Es liegt am Mythos der Freiberuflichkeit der Ärzte (U. Schmidt). Mit dem ist nämlich allmählich wirklich Schluss.

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Barnie Geröllheimer
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Re: Gestiegene Arztzahlen allüberall

Beitrag von Barnie Geröllheimer »

...könnt vielleicht auch daran liegen, dass man GKV-versicherte Chroniker alle 3 Monate zur Kontrolle des Augendrucks, des Zahnsteins oder der Sackhaare einbestellt, wenn man schon nur noch Peanuts bekommt!

Vielleicht liegt' s auch an der von Dr. Kopetsch vor Jahren erhobenen "Behandlungstiefe" PKV-versicherter Patienten in Kombination mit immer weniger Sprechzeiten pro Arzt (bedingt durch die "Feminisierung" des Arztberufes) trotz immer höheren Behandlungsbedarfs (durch zunehmende Lebenserwartung) und erweiterter Behandlungsmöglichkeiten.

Ich habe den Link zur Erhebung von Kopetsch nicht mehr, aber ich glaube, seine Feststellungen wären hier sowieso nicht interessant.
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Barnie, ausgerechnet die "Chroniker"

Beitrag von PR »

w o l l e n die kranken Kassen mindestens alle drei Monate einbestellt wissen. Weil sie sich dann gegenseitig besser in (!) den Geldsack langen können, behaart oder nicht.

Stichwort Disease Management Program (DMP)(Strukturiertes Behandlungsprogramm in AOK-Diktion).

:lol:

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Re: Gestiegene Arztzahlen allüberall

Beitrag von Barnie Geröllheimer »

Barnie, ausgerechnet die "Chroniker" w o l l e n die kranken Kassen mindestens alle drei Monate einbestellt wissen.
Ja klar, das Thema hatten wir ja gerade erst diskutiert. Das füllt dann halt die Wartezimmer zulasten derer, die z.B. Bechterew und deshalb eine Neigung zur Uveitis haben, was sehr schmerzhaft ist und chronisch verlaufen könnte, die man aber wegen "Überlastung" unbehandelt wieder wegschickt.
Und dann teilt einem die KV auf Beschwerde mit, man könne keinen Einfluss auf die Terminplanung der Ärzte nehmen.
Und Maßnahmen am Patienten, die eigentlich keines Arztes bedürfen, die auch eine Hebamme oder ein Augenoptiker durchführen könnte, ohne den Patienten dem elenden Siechtum anheim zu bringen, werden von Ärzten als ihr souveränes Kompetenzfeld dargestellt.
Jeder Kunde könnte schließlich zusätzliches Geld bringen!

Ein Saustall ist das! Mich tröstet dabei nur, dass zumindest in meiner Branche inzwischen durchgängig Kassenpatienten beim Augenarzt abgewiesen werden, wenn sie wegen einer neuen Sehhilfe vorsprechen wollen und kein Behandlungsfall sind. In der Gynäkologie kenn ich mich nicht aus, aber ich könnte mir vorstellen, dass längst nicht jede(r) im Wartezimmer eines Arztes hocken müsste, was "Zeitfenster" für Notfälle freisetzte, deren "Vitalfunktionen" noch okay sind.
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Das Nähkästchen bleibt zu. Was ich sagen wollt, ist:

Beitrag von PR »

die 'schländer werden binnen Kurzem mit einer Ärzteschaft zu tun haben, der jedwedes Motiv zu Empathie gründlich abtrainiert worden ist, und die mit rasch wechselnden Akteuren lustlos eine unpersönliche unengagierte Kochbuchmedizin betreibt.

Hab eben vorhin mal wieder eine dto. Bäckereifachverkäuferin erlebt. Mit hat's gereicht. Es war eben in keinem Saustall sondern in einer hochzertifizierten Kettenbäckerei...

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Barnie Geröllheimer
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Re: Das Nähkästchen bleibt zu. Was ich sagen wollt, ist:

Beitrag von Barnie Geröllheimer »

PR hat geschrieben:die 'schländer werden binnen Kurzem mit einer Ärztschaft zu tun haben, der jedwedes Motiv zu Empathie gründlich abtrainiert worden ist, und die mit rasch wechselnden Akteuren lustlos eine unpersönliche unengagierte Kochbuchmedizin betreibt.
Hab eben vorhin mal wieder eine dto. Bäckereifachverkäuferin erlebt. Mit hat's gereicht. Es war eben in keinem Saustall sondern in einer hochzertifizierten Kettenbäckerei...
Ich weiß durchaus, was Sie meinen und befürchten, aber wieviel Empathie darf der Patient denn schon heute von einem Arzt erwarten, der 1600 Scheine/Vj. "machen" und bekanntermaßen meist unnötige IGeL verkaufen muss, um über die Runden zu kommen? Wer will angesichts solchen Tuns, 8-minütiger Behandlungszeit und wochenlanger Wartezeiten auf einen Termin ein gedeihliches Vertrauensverhältnis zu seinem Doc erwarten?

Die Art und Weise, wie Sie sich vermutlich gern um Ihre Patientinnen kümmern wollen, gibt es noch: bei privat abrechenden Anthroposophen, die sich aber auch wirklich um den seelisch-psychischen Kontext einer körperlichen Erkrankung kümmern (können) und allein schon dafür eine Menge Zeit aufbringen müssen.
Selbst wenn ich mal annehme, man könnte eine solche Betreuung auch beim "Schulmediziner" durch gesetzliche Kassen finanzieren, würde die Zahl vorhandener Ärzte niemals ausreichen, um flächendeckend solch eine Versorgung zu gewährleisten. Übrigens, auch dann wären noch immer die Speckgürtel der Städte mit Golfplatz in der Nähe für eine Niederlassung attraktiver als das platte Land.
Beschissene Arbeitsbedingungen und Entlohnung mag berechtigterweise von den Ärzten beklagt werden, aber mir scheint, es muss auch in den Köpfen des ärztlichen Jungvolkes einiges zurechtgerückt werden. Die romantische Idee eines empathischen Arztes, der jede benötigte Zeit seinen Kassenpatienten widmen kann, ist so lange eine Illusion, so lange es dem Arzt wichtiger ist, angenehm zu leben, statt Menschen zu helfen.
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Hoj, Barnie, das ist ein extraklasse Beitrag.

Beitrag von PR »

In der Quintessenz sagt er:

wer Menschen helfen will, darf nicht angenehm leben (wollen).

So präzis hat das hier noch keiner auf den Punkt gebracht.

PR

PS: ich frag mich ja, was das mit den kranken Kassen im 'schland zu tun hat...
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Re: Gestiegene Arztzahlen allüberall

Beitrag von dora »

wer Menschen helfen will, darf nicht angenehm leben (wollen).
Banie hat das anders geschrieben und gemeint, und das wissen Sie auch 8)
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Huch, dora, Sie

Beitrag von PR »

der Abstraktion fähig und nicht bloß zu jeder Plattheit bereit ?

War / wär mir neu.

Wer sinnsedenn nu wirklich im teechlichn Lehm ?

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Re: Gestiegene Arztzahlen allüberall

Beitrag von Christianes Herz »

Es war einmal. Ich hatte bisher das Glück, nach dem Kinderarzt bei einem Hausarzt bleiben zu können. Vorteil bei einem so langen Arzt-Patientenverhältnis ist natürlich auch, dass man keine langen Sätze im Gespräch mehr braucht, sondern nur noch kurze Anweisungen/Fragen erteilt/stellt. „Mein“ Gynäkologe hat sich vor 2 Jahren zur Ruhe gesetzt, mit sehr viel Wut im Bauch und ohne Nachfolger und ich „knacke“ daran noch bei jeder ärztlichen Untersuchung bei der neuen Ärztin. Nun, ich habe es schon geschrieben, bin ich relativ gesund und der jährliche Kardiologen-/Augenarztbesuch sind nicht wirklich problematisch.
Ich habe es vergessen, aber sind es nicht die letzten 2 Jahre im Leben, die sehr arztintensiv sind? War es Dr. Flaccus, der das zeitlich ähnlich eingegrenzt hat? Nach welchem „Kochbuch“ geht es dann an den doch u. U. sehr langen Übergang vom Leben in den Tod? Wen kann ich dann noch ansprechen, um wirklich zu erfahren, was sich noch an Lebensqualität erreichen lässt, wenn ich meine langjährigen Ärzte nicht mehr hätte?
Ich glaube auch, wenn die Entwicklung so weiter geht (Kochbuchmedizin, wie PR es ausdrückte), werden es sich die Kassen zur Aufgabe machen (müssen), die gem. ihrer Ansicht nötigen Arztkontakte zu realisieren. Es wird letztendlich ein Rechenbeispiel werden, ob Patienten mehr Lohnfortzahlungen bzw. in der Folge dann mehr Krankengeld beanspruchen müssen, weil sie einfach nicht mehr so locker und leicht, wie evtl. noch vor ca. 5 – 10 Jahren zu ihrem Arzt gehen können. Dann wird ein ganz anderes Fass aufgemacht. Und das wird dann wirklich „Mittelalter“, also ganz unanständig.

Frdl. Grüße
Christiane
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Re: Gestiegene Arztzahlen allüberall

Beitrag von Barnie Geröllheimer »

dora hat geschrieben:
wer Menschen helfen will, darf nicht angenehm leben (wollen).
Banie hat das anders geschrieben und gemeint, und das wissen Sie auch 8)
Klar weiß er das, aber auch die sinnentstellte Interpretation ist nicht ganz verkehrt. Solange diese Ärzteknappheit besteht würde ich mir schon wünschen, dass ein Arzt maximale Zeit für seine Patienten aufbringt und sich nicht länger als ethisch vertretbar auf dem Golfplatz aufhält.
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Es geht halt nix über

Beitrag von PR »

gut gepflegte Vorurteile, gell Barnie.

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